Lohn- und Sozialdumping
Erhält ein Arbeitnehmer das ihm aus einem Dienstverhältnis zustehende Entgelt nicht in voller Höhe, sprechen wir von Lohn- und Sozialdumping. Ein Problem, das nicht nur beim Arbeiternehmer einen finanziellen Schaden verursacht, sondern auch den fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen behindert – Gefahrenpotenziale also, derer man sich bewusst sein sollte. Deshalb wollen wir Ihnen einen Überblick über diese wichtigen arbeitsrechtlichen Themen geben.
Nicht zuletzt mit dem EU-Beitritt Österreichs wurde für heimische Betriebe deutlich spürbar, dass ausländische Unternehmen in Österreich Arbeitsleistungen zu günstigeren Konditionen als auf dem in Österreich geltenden Entgeltniveau anbieten konnten. Dadurch ergaben sich für diese Unternehmen bei grenzüberschreitenden Arbeitseinsätzen Wettbewerbsvorteile durch Lohn- und Sozialdumping.
Im Jahr 2011 reagierte der österreichische Gesetzgeber auf dieses Problem, indem er das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz einführte, das im AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) verankert wurde. Das Ziel des Gesetzes bestand darin, gleiche Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen für bestehende Arbeitsverhältnisse, einen fairen wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen den Unternehmen und die korrekte Abfuhr der vorgeschriebenen Abgaben und Sozialbeiträge sicherzustellen. Seit 1. Mai 2011 folgen in Österreich verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen, wird das gesetzlich auf Verordnung oder Kollektivvertrag basierende Entgelt unterschritten.
Durch die Ausdehnung dieses Tatbestands auf Inlandsfälle als auch auf vom Ausland nach Österreich entsandte oder für den hiesigen Markt überlassene Arbeitnehmer sollte sichergestellt werden, dass ausländische und inländische Unternehmer ihre Arbeitnehmer zu annähernd gleichen Bedingungen beschäftigen. Zusätzlich zum Kernstück des Gesetzes, dem Tatbestand der Unterentlohnung, wurden weitere Melde- und Bereithaltepflichten eingeführt, deren Nichteinhaltung ebenfalls mit Verwaltungsstrafen geahndet wird.
Die gesetzlichen Bestimmungen wurden im Laufe der Jahre mehrmals geändert. 2016 wurde zudem ein völlig neues Gesetz, das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD‑BG), eingeführt, das die Regelung aus dem AVRAG ablöste.
# Wichtige Themenbereiche des LSD-BG
Das LSD-BG enthält eine Reihe von Bestimmungen, die sicherstellen sollen, dass Arbeitnehmer fair behandelt und ihre Rechte geschützt werden. Zu den wichtigsten Sachverhalten gehören:
1. Meldepflichten: Arbeitgeber und Überlasser von Arbeitskräften müssen die Beschäftigung von nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmern melden. Diese Meldung muss vor der Arbeitsaufnahme erfolgen und bestimmte Angaben enthalten, wie z.B. die Identität des Arbeitnehmers, die Dauer der Entsendung oder Überlassung und die Arbeitsbedingungen.
2. Bereithaltepflichten: Arbeitgeber, die Arbeitnehmer nach Österreich entsenden, müssen bestimmte Unterlagen, wie z.B. Lohnabrechnungen und Arbeitsverträge, am Arbeitsort bereithalten. Diese Unterlagen müssen auf Verlangen der zuständigen Behörden bereitgestellt werden.
3. Mindestentgelt: Das Mindestentgelt umfasst das Entgelt, das einem Arbeitnehmer gesetzlich, per Verordnung oder Kollektivvertrag entsprechend seiner individuellen Einstufung zusteht. Für jeden Arbeitnehmer (unabhängig davon, ob er in Österreich angestellt ist, hierher entsandt oder überlassen wird) wird anhand seiner konkreten Tätigkeitsbeschreibung und eines Versicherungsdatenauszugs oder Lebenslaufs der Anspruch auf das Mindestentgelt gemäß den Anrechnungs- und Einstufungsbestimmungen des relevanten Kollektivvertrags oder Mindestlohntarifs individuell ermittelt.
4. Haftung des Auftraggebers: Das LSD-BG sieht spezielle Haftungsbestimmungen bei der Beauftragung von Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, für den Baubereich und für Generalunternehmer vor.
# Unterentlohnung
Das LSD‑BG definiert Unterentlohnung als zentralen
Sachverhalt. Arbeitgeber – sowohl inländische als auch ausländische – müssen ihren Arbeitnehmern das gesetzlich, per Verordnung oder Kollektivvertrag vorgeschriebene Entgelt entsprechend den Einstufungskriterien zahlen. Bei Nichtzahlung dieses Entgelts liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe geahndet werden kann. Unterentlohnung bedeutet, dass das Mindestentgelt überhaupt nicht, nicht in voller Höhe oder verspätet gezahlt wird.
Der Entgeltbegriff umfasst insbesondere: Lohn bzw. Gehalt (laufend), Sonderzahlungen, Leistungsentgelte (Mehr- und Überstundenvergütungen, Provisionen), Zulagen und Zuschläge, Nichtleistungsentgelte, Vergütungen aus besonderen Anlässen (z.B. Jubiläumsgelder, Prämien für Diensterfindungen oder Verbesserungsvorschläge), (kollektivvertragliche) Reisezeitvergütungen oder Wegzeitvergütungen, (kollektivvertragliche) Arbeitsbereitschafts- oder Rufbereitschaftsabgeltung, Urlaubsersatzleistung, Kündigungsentschädigung.
Hilfreiche Maßnahmen, um Unterentlohnung und damit einhergehende Gefahrenpotenziale zu vermeiden, sind unter anderem die regelmäßige Kontrolle der kollektivvertraglichen Einstufungen auf Basis tatsächlicher Gegebenheiten, die ordentliche Führung von Arbeitszeit- und Nichtleistungszeitaufzeichnungen sowie die Übermittlung sämtlicher für die ordentliche und vollständige Abrechnung relevanter Unterlagen und Auskünfte an die Personalverrechnung.
# Potenzielle Strafen
Verstöße gegen das LSD-BG können zu erheblichen Strafen führen. Die Höhe der jeweiligen Strafen hängt von der Schwere des Verstoßes und der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer ab. Mögliche Strafen umfassen:
1. Geldstrafen: Arbeitgeber, die gegen die Bestimmungen des LSD-BG verstoßen, können mit Geldstrafen belegt werden. Diese können je nach Art und Umfang des Verstoßes mehrere Tausend Euro betragen. Konkret können die Strafen wie folgt aussehen:
• Bei Verstößen gegen die Meldepflichten: Geldstrafen bis zu € 20.000
• Bei Verstößen gegen die Bereithaltung von Unterlagen: Geldstrafen bis zu € 20.000 (im Wiederholungsfall bis zu € 40.000)
• Bei Unterentlohnung: Geldstrafen bis zu € 400.000
2. Untersagung der Dienstleistung: Bei schwerwiegenden Verstößen kann die zuständige Behörde die Erbringung der Dienstleistung untersagen. Dies bedeutet, dass das betroffene Unternehmen seine Tätigkeit in Österreich nicht fortsetzen darf.
3. Evidenz über Verwaltungs(straf)verfahren: Verstöße gegen das LSD-BG werden in einer Evidenz über Verwaltungs(straf)verfahren erfasst. Dies kann dazu führen, dass betroffene Unternehmen bei zukünftigen Aufträgen benachteiligt werden.
Fazit: Die Bestimmungen des LSD-BG sollten unbedingt beachtet werden, um potenzielle Gefahren und Rechtsverstöße zu vermeiden. Mehr zum Thema Lohn- & Sozialdumping erfahren Sie in unserer Podcastfolge „#58 Lohn- und Sozialdumping bekämpfen – Wissenswertes für Arbeitgeber“. Außerdem stehen Ihnen Ihre Fidas-Experten bei Fragen jederzeit beratend zur Seite.
Weitere Infos finden Sie in unserem Podcast: #58 Lohn- und Sozialdumping bekämpfen – Wissenswertes für Arbeitgeber
Ihr Fidas Team