Einkünftezurechnung bei zwischengeschalteten Gesellschaften

Mit dem neu eingeführten § 2 Abs. 4a EStG ist der Gesetzgeber der Ansicht des VwGH gefolgt. Demnach werden in bestimmten Fällen Einkünfte (z.B. bei höchstpersönlichen Tätigkeiten), die über eine zwischengeschaltete Körperschaft verrechnet werden, direkt dem Leistungserbringer (natürliche Person) zugerechnet.

Rechtslage vor dem 1.1.2016

Die Finanzverwaltung vertrat in den EStR 2000 Rz 104 die Ansicht, dass die Einkünfte demjenigen zuzurechnen sind, der über die Einkunftsquelle verfügt, ungeachtet des zivilrechtlichen Eigentums. Die Finanzverwaltung legte für „zwischengeschaltete“, unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen stehenden Kapitalgesellschaften in den Richtlinien ihre typisierende Betrachtungsweise dar, wann eine Zurechnung von Einkünften direkt an jene natürliche Person erfolgen müsse, welche tatsächlich die Leistung erbringt.

Eine Zurechnung der Einkünfte unmittelbar an die natürliche Person erfolgte insbesondere dann, wenn die Kapitalgesellschaft

  • in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen kann und
  • über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt.

Als Indiz wurde die Beschäftigung von Mitarbeitern gewertet. Bloße Hilfstätigkeiten entsprechen damals wie heute nicht den Voraussetzungen. Selbst wenn ein vortragender Steuerberater über einen eigenständigen, sich von seiner natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb (Steuerberatungs-GmbH) verfügte, wurde die höchstpersönliche Vortragstätigkeit ihm persönlich zugerechnet, mit der Begründung, dass die Vortragstätigkeit nicht Ausfluss aus seiner eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH ist. Diese typisierende Betrachtungsweise wurde in Fachkreisen heftig kritisiert, da wirtschaftlich begründete Zwischenschaltungen einer Kapitalgesellschaft und eine missbräuchliche Verwendung dieser in den Prozess der Leistungserbringung nicht differenziert behandelt wurden.

Rechtslage ab dem 1.1.2016

Mit der Neueinführung des § 2 Abs. 4a EStG werden Einkünfte aus einer Tätigkeit als organschaftlicher Vertreter einer Körperschaft sowie höchstpersönliche Tätigkeiten dem Leistungserbringer (natürliche Person) zugerechnet, wenn die Verrechnung über eine zwischengeschaltete Körperschaft erfolgt. Die abrechnende Körperschaft muss für eine Zurechnung zur natürlichen Person

  • unter Einfluss der leistungserbringenden Person stehen
  • und darf über keinen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügen.

Als höchstpersönliche Tätigkeiten werden im Gesetz Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Sportler und Vortragende taxativ aufgezählt.

Beispiel: A als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH (keine DN), die einen Geschäftsführer-Vertrag mit der Produktions-GmbH abschließt, wonach A als Geschäftsführer der Produktions-GmbH tätig werden soll. Die Einkünfte des Geschäftsführers in der Produktions-GmbH sind aufgrund einer organschaftlichen Vertretung ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 4a EStG und dem A persönlich zuzurechnen.

Beispiel: Arzt (Universitätsprofessor) mit Privatordination
Folgende Tätigkeiten werden über eine GmbH mit mehreren DN abgerechnet:

  • Spirituelle Seminare (DN eingesetzt)
  • Wirksamkeits- und Nebenwirkungsprüfung von Medikamenten an Patienten für Pharmafirmen (Kostenersatz, DN eingesetzt)
  • Pharmakologische Gutachtertätigkeit – höchstpersönliche Tätigkeit (35% des Umsatzes)

In diesem Fall stellt die gutachterliche Tätigkeit als „wissenschaftliche Tätigkeit“ eine höchstpersönliche Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 4a dar. Die Betriebszweige der Durchführung von Seminaren und der Wirksamkeitsprüfung von Medikamenten sind jedoch im Verhältnis dazu eigenständig und haben einen als Betrieb zu qualifizierenden Charakter. Das Umsatzverhältnis (65% des Gesamtumsatzes) bringt außerdem zum Ausdruck, dass sie eine ausreichende quantitative Relevanz innerhalb des gesamten Geschäftsfeldes der GmbH aufweist, sodass ein eigenständiger sich abhebender Betrieb gegeben ist. Damit liegt insgesamt kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 4a EStG vor, womit die erzielten Einkünfte zur Gänze der GmbH zugerechnet werden.
Analog müsste diese Anwendung auch für einen vortragenden Steuerberater, der über einen eigenständigen, sich von seiner natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb (Steuerberatungs-GmbH) verfügt, zur Anwendung kommen, sofern die höchstpersönlichen Vortragstätigkeiten nicht überwiegen.

Inkrafttreten

Der neue § 2 Abs 4a ist ausschließlich auf Sachverhalte ab dem 1.1.2016 anzuwenden. Die alte Rechtslage anhand EStR Rz 104 findet für Sachverhalte vor dem 1.1.2016 Anwendung, wobei die Ansicht des VwGH betreffend organschaftliche Vertretung Berücksichtigung finden muss.

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